F&E-Strategie für Biotreibstoffe

Der österreichische Transportsektor hatte 2006 einen Endenergiebedarf von 353 PJ/a und emittierte mit 25 Mio. t CO2Äq etwa 25% der österreichischen Treibhausgase.

Inhaltsbeschreibung

Seit 1.10.2008 beträgt der energetische Anteil der Biotreibstoffe 5,75% des Kraftstoffmarktes in Österreich, der durch Beimischung von 5 vol-% Bioethanol zu Benzin und von 7 vol.-% Biodiesel zu Diesel erreicht wird. Nach der neuen EU-Direktive wird für 2020 ein Anteil von 10% an alternativen Treibstoffen angestrebt, der größtenteils von Biotreibstoffen kommen soll.

Ziel des Projekts war es, Grundlagen für eine österreichische F&E-Strategie zu Biotreibstoffen zu schaffen und Vorschläge für die Vernetzung der österreichischen Biotreibstoff-Aktivitäten auszuarbeiten. Hierzu wurden der Stand der Technik, die Entwicklungsperspektiven der einzelnen Biotreibstoffe, und die mittel- und langfristig verfügbare Rohstoffpotentiale untersucht. Es folgte eine Auswahl der für Österreich zukünftig bedeutendsten Biotreibstoffe, eine Umweltbewertung mit Lebenszyklusanalysen, eine Kostenanalyse sowie eine Darstellung der notwendigen Rahmenbedingungen und Szenarien für eine Einführung.

Es wurden 9 Biotreibstoff-Gruppen betrachtet:

  1. Pflanzenöl,
  2. Biodiesel,
  3. Bioethanol,
  4. Biobutanol,
  5. Biogas,
  6. synthetische Biotreibstoffe, insbesondere Fischer-Tropsch (FT)-Treibstoffe und Synthetisches Erdgas (SNG),
  7. Biowasserstoff,
  8. Pyrolyseöl und
  9. Biotreibstoffe aus der Direktverflüssigung (z.B. katalytische Niederdruckverölung).

Diese können aus den folgenden 6 Rohstoffgruppen erzeugt werden:

  1. ölhältige Pflanzen (z.B. Raps),
  2. stärkehaltige Pflanzen (z.B. Mais),
  3. zuckerhältige Pflanzen (z.B. Zuckerrüben),
  4. lignozellulose Rohstoffe (z.B. Holz),
  5. organische Reststoffe (z.B. Klärschlamm) sowie
  6. "Sonstige" (z.B. Tierfett).

Die 4 grundsätzlichen Herstellungsprozesse sind:

  1. biochemische Prozesse (z.B. Methan-Fermentation),
  2. thermo-chemische Prozesse (z.B. Vergasung),
  3. mechanisch-chemische Prozesse (z.B. Pressen) und
  4. Hydrierung (z.B. Zugabe von Wasserstoff zur Entfernung von Sauerstoff).

Aus diesen Biotreibstoffen, Rohstoffen und Verfahrensprozessen ergeben sich insgesamt 40 Kombinationen, die derzeit verfolgt werden.

Es wurden 78 F&E-Institutionen in einer "Landkarte der Biotreibstoff-Aktivitäten in Österreich" beschrieben, wovon etwa 50% der Industrie, 25% den Forschungseinrichtungen und 25% anderen Organisationen (z.B. Energieagenturen) zuzurechnen sind.

Die zukünftige Bedeutung der einzelnen Biotreibstoffe wird von der erfolgreichen technischen Weiterentwicklung und der Verfügbarkeit kostengünstiger Rohstoffe abhängen, wobei Trends für einzelnen Biotreibstoffe abgeleitet werden:

  • Mit Biodiesel aus der Veresterung von Pflanzenölen und Bioethanol aus Zucker und Stärke können die gegenwärtig angestrebten Biotreibstoffanteile über Beimengungen zu konventionellen Treibstoffen ohne wesentliche zusätzliche Infrastruktur erreicht werden. Eine Erhöhung der Anteile dieser Treibstoffe stößt jedoch derzeit an technische und gesetzliche Grenzen.
  • Biogas wird Bedeutung erlangen, wenn Erdgas als Treibstoff verstärkt eingeführt wird und die Reinigung und Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz günstiger ist als die stationäre Nutzung für Strom und Wärme.
  • Da Pflanzenöl nicht mit konventionellen Treibstoffen gemischt werden kann und angepasste Motoren benötigt, kann Pflanzenöl vor allem in forst- und landwirtschaftlichen Fahrzeugen Bedeutung erlangen.
  • Biodiesel aus der Hydrierung von Pflanzenölen benötigt bei der Herstellung Wasserstoff und kann dann interessant werden, wenn die Produktion in die österreichische Raffinerieinfrastruktur eingebunden wird.
  • Synthetische flüssige und gasförmige Biotreibstoffe (z.B. FT-Treibstoffe, SNG) haben eine große österreichische Rohstoffbasis, sind gut mit konventionellen Treibstoffen mischbar und können mittelfristig signifikante Beiträge leisten. Für SNG ist wie für Biogas der weitere Aufbau der Erdgasinfrastruktur im Verkehrssektor die wesentlichste Voraussetzung.
  • Bioethanol aus lignozellulosen Rohstoffen (vor allem Holz und Stroh) kann mittelfristig dann Bedeutung haben, wenn das bei der Herstellung (Hydrierung, Fermentation) anfallende Lignin als Energieträger bzw. als hochwertige Chemikalie genutzt werden kann.
  • Biotreibstoffe der Direktverflüssigung und Biotreibstoffe aus Pyrolyseöl könnten langfristig Beiträge liefern.
  • Wasserstoff benötigt eine ganz neue Infrastruktur, die erst nach entsprechenden Entwicklungserfolgen langfristig möglich erscheint.
  • Für die anderen Biotreibstoffe wie z.B. Butanol ist es derzeit unklar, unter welchen Randbedingungen diese zukünftig Bedeutung erlangen könnten.

Bei der Ermittlung des Forschungsbedarfes wurde der mögliche mengenmäßige Beitrag einer Treibstoff-Gruppe berücksichtigt. Für "konventionelles" Bioethanol und "konventionellen" Biodiesel ist weitere Forschung zur Verbreiterung der Rohstoffbasis, zur Optimierung der Treibhausgasbilanz, zur Verringerung der Kosten, zur Nutzung von Nebenprodukten erforderlich. Aufgrund der in Österreich gegebenen Rohstoffbasis erscheint die Weiterentwicklung der Prozesse für die Herstellung synthetischer Treibstoffe und Bioethanol aus lignozellulosen Rohstoffen besonders vielversprechend. Bei Bioethanol aus Lignozellulose sollten die erforderlichen Entwicklungsschritte hin zu einer Demonstrationsanlage eingeleitet werden, bei synthetischen Biotreibstoffen sollen die erfolgreich angelaufenen Arbeiten mit weiteren Demonstrationsanlagen fortgesetzt werden.

Das in den letzten Jahren erfolgreich etablierte Biotreibstoff-bezogene Netzwerk soll in einem "Biofuels Production Network Austria" im bestehenden Rahmen von IEA Bioenergy verstärkt werden, um die von A3PS - Austrian Agency for Alternative Propulsion System - auf der Seite der Antriebe und Fahrzeuge erfolgreich angelaufen Aktivitäten durch eine Initiative auf der Seite der Biotreibstoffbereitstellung zu ergänzen.

Downloads

F&E-Strategie für Biotreibstoffe

Schriftenreihe 07/2010 G. Jungmeier, J. Spitzer, H. Hofbauer, et al., Herausgeber: BMVIT
Deutsch

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

JOANNEUM RESEARCH
Institut für Energieforschung
Elisabethstraße 5
8010 Graz

Dipl.-Ing. Dr. techn. Gerfried Jungmeier
Telefon: +43 316 876-1313
Fax: +43 316 8769-1313
E-Mail: gerfried.jungmeier@joanneum.at