Polygeneration

Polygeneration ist mittlerweile mehr als nur ein Schlagwort bei innovativen Energietechnologien. Das 7. Rahmenprogrammen für Forschung und technologische Entwicklung der EU wählt in seinen derzeit startenden Ausschreibungen einen sehr prozess- bzw. industriebezogenen Ansatz. Für Österreich hat das Programm „Energiesysteme der Zukunft“ den Begriff „Polygeneration“ als die aufeinander abgestimmte Produktion von Wärme/Kälte, Strom, weiteren Energieträgern (feste, flüssige und gasförmige Brenn- und Treibstoffe) sowie von Produkten für die nichtenergetische Nutzung definiert. Hierbei sollen vorzugsweise erneuerbare Energieträger zum Einsatz kommen - Biomasse ist daher der logische Rohstoff.

Zwei richtungweisende Aktivitäten des Programms dazu sollen hier kurz vorgestellt werden.

Vielseitig verwertbares Prozessgas durch die thermische Vergasung von Biomasse

Die thermische Vergasung von Biomasse liefert ein vielseitig verwertbares Prozessgas, dass zur Verstromung, aber auch zur Erzeugung von flüssigen und gasförmigen Treibstoffen eingesetzt werden kann. Weiters liefert diese Technologie eine mögliche Grundlage für eine auf erneuerbaren Energieträgern basierende Feinstoffchemie, hier wäre eine hohe Wertschöpfung zu erzielen.

Ein Team an der TU-Wien und der Firma PEPOTEC hat sich das Ziel gesetzt, eine Energiezentrale für den regionalen Bedarf (z.B. Gemeinde, Stadtteil, etc.) zu entwickeln. Dabei wurden zunächst mögliche Anlagenkonfigurationen evaluiert und auf ihre Effektivität und Realisierbarkeit überprüft. Neben Energie- und Massenbilanzen wurde auch bereits die apparative Ausführung der wichtigsten Prozessstufen mit in die Betrachtungen einbezogen. Eine auf Basis der Ergebnisse der technischen Ausarbeitungen durchgeführte Kostenschätzung ergab für die Produktion von synthetischem Erdgas (BioSNG) 0,68–0,86 €/m3 und die Produktion von Fischer-Tropsch-Kraftstoffen (Bio-FiT) ca. 1 €/l. Unter Berücksichtigung von Biomasse als Rohstoff wurde diese Kalkulation für eine Anlagengröße von 30 MW Brennstoffwärmeleistung durchgeführt.

Vor dem Hintergrund der äußerst viel versprechenden techno-ökonomischen Evaluierungen wurden umfangreiche Grundlagenuntersuchungen zu Fischer-Tropsch-Kraftstoffen durchgeführt. Im Rahmen des Projekts wurde eine Versuchsanlage bestehend aus Feingasreinigung, Gaskompression und Fischer-Tropsch-Synthese errichtet und im Bypass-Strom beim Biomasse-Kraftwerk in Güssing betrieben. Die Ergebnisse waren hinsichtlich der Produktverteilung viel versprechend, ein weiterführendes Forschungsprojekt wurde daher im Rahmen des Programms „Energiesysteme der Zukunft“ eingereicht und mittlerweile gestartet.

Darüber hinaus wurde auch im Bypassstrom der Anlage in Güssing eine Versuchsanlage zur BioSNG-Herstellung erfolgreich einem Langzeittest unterzogen und dabei wertvolle Erkenntnisse für den Bau einer Demonstrationsanlage gewonnen, die derzeit im Rahmen eines EU-Projektes weiterentwickelt werden.

Die Forschungsaktivitäten werden derzeit im Rahmen des Programms weitergeführt, der Schwerpunkt liegt dabei auf der Fischer-Tropsch-Synthese:

Eine weitere derzeit laufende Grundlagenstudie untersucht, welche Wege der Produktherstellung aus Biomasse über den Weg der Synthesegasherstellung technisch möglich und wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sind.

Optimierung der Gesamtenergiebilanz bei der Bioethanolproduktion

Auch wenn die eingesetzte Technologie im Bereich der Produktion von Bioethanol bereits ausgereift und stark verbessert ist, kann die Gesamtenergiebilanz bei der Produktion von alternativem Treibstoff noch deutlich verbessert werden. Der Prozess muss dabei optimal in die bestehenden lokalen Energiesysteme eingepasst werden – und eine regionale Bereitstellung von Prozessenergie hat auf Basis erneuerbarer Energieträger zu erfolgen.

Auf Basis einer Analyse der Produktionsanlagen am Standort Bruck/Leitha und den speziellen Erfordernissen einer nachhaltigen Produktion von Bioalkohol wurden mittels Prozesssimulation verschiedene Varianten von Ethanolproduktion bezüglich Rohstoffeinsatz und Anlagengröße analysiert und der Wärmeverbund innerhalb der Anlage, aber auch in Verbindung mit Kuppelproduktionen optimiert.

Als Alternative zur Trocknung der anfallenden Schlempe zu Futtermittel – die äußerst energieintensiv ist – bietet sich die Möglichkeit der Produktion von Biogas und die Nutzung des Biogases zur Produktion von elektrischem Strom und Wärme an.

Im Zuge der an der TU-Wien durchgeführten Simulation hat sich dabei gezeigt, dass bei der Nutzung von Biogas im Gasmotor der Wärmebedarf einer Anlage nur durch die Abgas- und Motorabwärme nicht gedeckt werden kann. Bei der Nutzung von Biogas in konventionellen Gaskesseln (nur Wärmebereitstellung) ist diese Eigenbedarfsdeckung bei größeren Anlagen (60.000 bzw. 100.000 t/a Ethanol) infolge ihrer höheren Wärmeeffizienz aber sehr wohl möglich. Bei den ganz großen Anlagen (200.000 t/a) kann anfallender Überschussdampf auch zur Verstromung in Gegendruckdampfturbinen herangezogen werden.

Für die Eigenversorgung der Region Auland Carnuntum mit Ottokraftstoff reicht eine Bioethanolanlage mit einer Kapazität von 15.000 t/a. Für diese Anlagengröße ist neben einer teilweisen regionalen Rohstoffversorgung auch eine Integration in die bestehenden Anlagen zur Bereitstellung von biomasse-basierter Energie (Fernwärmeerzeugung, Biogasanlage) möglich.

Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz sprechen jedoch für große Anlagen. Bei dieser zentralen ökonomischen und ökologischen Fragestellung setzt derzeit ein weiteres Projekt des Programms an - sollen Klein- und Kleinstanlagen mit Kapazitäten von jährlich 1.000 bis 10.000 Tonnen Bioalkohol im Detail untersucht werden, da diese eine nachhaltigere Integration in bestehende regionale Wirtschafts- und Ökosysteme versprechen.

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