IRONER - Potenziale für innovatives und nachhaltiges Recycling von Stahl

Im Projekt IRONER wurden offenen Fragestellungen ermittelt und erforderliche Innovationen für ein erhöhtes Stahlrecycling erarbeitet. Ergänzend zu einer Materialflussanalyse, Stakeholder-Interviews und ökologischen und wirtschaftlichen Betrachtungen wurden die Einflüsse eines verstärkten Stahlrecyclings auf metallurgische Prozesse und Materialeigenschaften der Stahlprodukte beleuchtet.

Kurzbeschreibung

Status

Abgeschlossen (Oktober 2022)

Ausgangssituation/Motivation

Die europäische Eisen- und Stahlindustrie bekennt sich zu den globalen Klimazielen und strebt eine Reduktion der produktionsbedingten CO2-Emissionen um mindestens 55% (gegenüber dem Stand von 1990) bis 2030 sowie Klimaneutralität (keine CO2-Emission aus den Stahlproduktionsprozessen) bis 2050 an. Stahlschrott ist ein wesentlicher Sekundärrohstoff im Stahlherstellungsprozess und ein wichtiger Grundpfeiler für eine CO2-arme Stahlindustrie. Im Vergleich zur Stahlproduktion durch die Primärroute benötigt das Einschmelzen von Stahlschrott weniger Ressourcen und birgt somit sowohl umwelttechnische als auch wirtschaftlich Vorteile. Ein erhöhtes und optimiertes Recycling von Stahlschrott zur Erzeugung von Hochleistungsstählen setzt jedoch genaue Kenntnisse über verfügbare Schrottqualitäten voraus. Insbesondere Altschrottklassen können die geforderten Qualitätskriterien hinsichtlich ihrer Zusammensetzung (z.B. Anteile an nichtmetallischen Störstoffe oder Nichteisenmetallen) nicht erfüllen. Die Folge davon ist ein gegenwärtig hoher Exportanteil und ein damit verbundener Ausschluss aus dem Stoffkreislauf. Umweltschutz und Kreislaufwirtschaft stellen zentrale Aspekte des Stahlsektors dar, welche Maßnahmen und verbesserte Technologien zur Aufbereitung von Stahlschrott erfordern, um den Export der wertvollen Ressource Schrott zu minimieren.

Inhalte und Zielsetzungen

In diesem Sinne zielte das Projekt IRONER darauf ab, Optimierungspotenziale für ein nachhaltiges Recycling von Stahl aufzuzeigen und einen Katalog offener Fragestellungen und notwendiger Innovationen für ein erhöhtes Stahlrecycling zu erarbeitet. Weitere Ziele von IRONER lagen in der Erstellung einer Schrottstoffstrombilanz für Österreich und ausgewählte, angrenzende Nachbarstaaten sowie der Generierung von Erkenntnissen über das Schrottmanagement und den Einfluss von Schrott auf die Werkstoffqualität. Erste Aussagen zur Abschätzung volkswirtschaftlicher Effekte eines vermehrten Schrotteinsatzes und den erzielbaren Potenzialen zur Senkung der Treibhausgasemission bilden ergänzende Elemente innerhalb der Studie.

Methodische Vorgehensweise

Das Projekt verfolgte einen möglichst ganzheitlichen und anwendungsorientierten Ansatz, der sowohl eine modellgestützte Stoffstromanalyse und Stakeholder-Befragungen als auch metallurgische, werkstofftechnische und volkswirtschaftliche Überlegungen beinhaltet. Die Erfassung einer Schrottstoffstrombilanz soll eine Gegenüberstellung der Verfügbarkeit gewisser Schrottklassen und deren Bedarf für die Rohstahlproduktion erlauben. Aus Befragungen aller österreichischen Stahlerzeuger sowie Unternehmen der Schrottwirtschaft und des metallurgischen Anlagenbaus wurden Datenlücken gefüllt. Des Weiteren dienten die Befragungen dazu, Rückschlüsse auf notwendige technische und digitale Innovationen zu ziehen. Aus den Ergebnissen der Bilanzrechnungen, den metallurgisch-werkstofftechnischen und ökologisch-volkswirtschaftlichen Betrachtungen sowie der Stakeholder-Befragungen wurde letztendlich ein Positionspapier erstellt, welches notwendige Forschungsfragen aufdeckt und als Vorbereitung für künftige nationale Förderinitiativen dienen kann.

Ergebnisse

In Zukunft wird der Anteil des Altschrotts an der gesamten Schrottzusammensetzung in Österreich zunehmen, wobei dieser - ohne entsprechende Maßnahmen - eine geringe Reinheit aufweisen wird. Folglich werden bei Beibehaltung der derzeitigen Schrottbehandlung die Qualitätsanforderungen an Rohstahl in Österreich nur mit einer entsprechend niedrigen Schrottquote erfüllt werden können. Nach Einschätzung der österreichischen Stakeholder wird der Bedarf an Schrott in den kommenden Jahren steigen, was in erster Linie auf die geplante Technologieumstellung von der Primärproduktion auf Elektrolichtbogenöfen zurückzuführen ist.

Obwohl der geschätzte, mittelfristige Mehrbedarf in etwa der heute aus Österreich exportierten Schrottmenge entspricht, könnten die Mengen in den benötigten Schrottklassen vom Schrotthandel derzeit nicht bereitgestellt werden. Bisherige Aufbereitungs- und Sortiertechniken stoßen vor allem bei immer komplexer werdenden Produkten an ihre Grenzen und Maßnahmen zur Verbesserung der Schrottsortierung bis zur Erreichung einer möglichst sortenreinen Trennung sind unumgänglich. Der Einsatz innovativer Technologien zur Aufbereitung und Sortierung sowie deren Kombination kann die Schrottqualität und die Sortierreinheit deutlich verbessern und damit die Schrottverfügbarkeit erhöhen.

Aus metallurgischer Sicht ergeben sich durch den zunehmenden Einsatz von Sekundärrohstoffen und den damit verbundenen Begleitelementen zum einen Modifikationen in der Prozessführung und zum anderen Forschungsbedarf hinsichtlich bereits gut untersuchter Reaktionen und Wechselwirkungen. Die Relevanz eines verstärkten Schrotteinsatzes für Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung wird durch die Knappheit des zur Verfügung stehenden Treibhausgasbudget zur Einhaltung der Pariser Klimaziele sowie dem aktuell limitierten Zugang zu klimafreundlicherem erneuerbarem Energieträger deutlich.

All diese technologischen, metallurgischen, organisatorischen und regulatorischen Aspekte eines verstärkten Einsatzes von Stahlschrott bedürfen einer detaillierten und umfassenden Betrachtung und bieten ein breites Feld für weitere Forschungsvorhaben.

Publikationen

IRONER - Potenziale für innovatives und nachhaltiges Recycling von Stahl

Im Projekt IRONER wurden offenen Fragestellungen ermittelt und erforderliche Innovationen für ein erhöhtes Stahlrecycling erarbeitet. Ergänzend zu einer Materialflussanalyse, Stakeholder-Interviews und ökologischen und wirtschaftlichen Betrachtungen wurden die Einflüsse eines verstärkten Stahlrecyclings auf metallurgische Prozesse und Materialeigenschaften der Stahlprodukte beleuchtet. Schriftenreihe 1/2023
G. Hackl, M. Beermann, J. Rieger, M. Häuselmann, J. Schenk, S. K. Michelic, J. Cejka, R. Schnitzer, A. Sakic, S. Dworak, K. Steiniger, J. Mayer
Herausgeber: BMK
Deutsch, 55 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

Dipl.-Ing. Dr. Gerhard Hackl
ASMET Research GmbH
Franz-Josef-Straße 18, 8700 Leoben
Tel.: +43 3842 402 2290
E-Mail: Gerhard.Hackl@asmet.org, asmet@asmet.at
Website: asmet.org

Projekt- bzw. Kooperationspartner

  • DI Martin Beermann
    JOANNEUM RESEARCH – LIFE Zentrum für Klima, Energie und Gesellschaft
  • Dipl.-Ing. Dr. mont. Johannes Rieger, Dipl.-Ing. Monika Häuselmann
    K1-MET GmbH
  • Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Johannes Schenk, assoz.Prof. Dipl.-Ing. Dr. mont. Susanne Michelic, Dipl.-Ing. Julian Cejka
    Montanuniversität Leoben / Lehrstuhl für Eisen- und Stahlmetallurgie
  • Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. mont. Ronald Schnitzer, Dipl.-Ing. Amin Sakic
    Montanuniversität Leoben, Lehrstuhl für Stahldesign
  • DI Dr. techn. Sabine Dworak
    Technische Universität Wien, Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement
  • Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Steininger, Dr. Jakob Mayer
    Universität Graz, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel